St. Marien, wie St. Reinoldi aus dem 13. Jahrhundert, geht wahrscheinlich auf Kaiser Friedrich Barbarossa zurück. Sie war die Gerichtskirche, in der die Gerichtsglocke hing.
In der Zeit der Reformation sorgte hier Johannes Heitfeld als Prediger für Aufsehen. Er bezog 1557 Stellung gegen die katholische Messe und ließ den Laienkelch zu. Der Rat schritt gemeinsam mit dem Pfarrer an St. Marien dagegen ein. Es kam sogar zu teilweise gewaltsamen Unruhen. Heitfeld wurde aus der Stadt verbannt. Die Anhänger der Reformation mussten für mehrere Jahre nach Brackel pilgern, bis 1562 der Rat entschied, dass der Laienkelch in allen vier Pfarrkirchen erlaubt wurde.
Nach der Reformation war der Rat der Stadt für fast 250 Jahre das Oberhaupt der Kirche, bis nach dem Verlust der Reichsfreiheit 1803 und der Eingliederung nach Preußen durch den Wiener Kongress das preußische Königshaus ab 1815 diese Rolle übernahm.
Für die Marienkirche sollte das eine glückliche Fügung sein. Das Kirchengebäude war Anfang des 19. Jahrhunderts nach dem Niedergang der Stadt durch die Wirren von 30-jährigem und 7-jährigem Krieg sehr baufällig. Von den ursprünglich zwei Türmen steht heute nur noch der südliche. Der nördliche wurde 1805 wegen Baufälligkeit abgetragen. Seit 1819 strebte die Stadt die Vereinigung der Gemeinde mit der Reinoldikirche an. 1828 (im Jahr des Beitritts zur preußischen Kirchenunion) musste die Kirche wegen Baufälligkeit geschlossen werden, 1832 drohte auch der südliche Turm einzustürzen. Die Ruine der Kirche sollte abgerissen und als Steinbruch freigegeben werden.
„In Folge höherer Anordnungen soll die hiesige Evangelische Marien-Kirche nebst Thurm, wegen anerkannter Baufälligkeit, auf Abbruch an den Meistbietenden verkauft werden“, hieß es in einer Ausschreibung des Königlichen Landratsamtes im August 1833. Doch nach der Veröffentlichung regte sich Protest. Das Presbyterium wandte sich hilfesuchend an den preußischen Kronprinzen und späteren König Friedrich Wilhelm IV., der 1833 in Dortmund zu Besuch war.
Im Dezember 1833 besichtigte der Direktor der Königlichen Gemäldegalerie zu Berlin die Kirche und befürwortete ihren Erhalt. Er informierte den preußischen Baumeister Karl Friedrich Schinkel, der sich dafür einsetzte, die Abbruchgenehmigung zurückzuhalten. Nach einer erneuten Untersuchung formulierte Schinkel selbst ein Gutachten, das sich für den Erhalt der Kirche aussprach.
Epochenjahr 1918: Staat und Kirche trennen sich
Bis 1918 leiteten die protestantischen Fürsten – unter ihnen auch die Könige von Preußen (ab 1871 gleichzeitig deutsche Kaiser) – die Evangelische Kirche. Dieses landesherrliche Kirchenregiment endete 1918, als Deutschland nach dem Ende des Ersten Weltkrieges Republik wurde. Damit hatte die Evangelische Kirche aber kein Oberhaupt mehr.
Erstaunlicherweise stürzte sie dies nicht in die Krise. Bereits im 19. Jahrhundert war der Einfluss der Synoden (Kirchenparlamente) gewachsen und die Kirche hatte sich weitgehend selbstverwaltet. Diese Gremien wählten jetzt aus ihrer Mitte Landesbischöfe, in Westfalen den Generalsuperintendenten.
Zugleich vollzog die Weimarer Reichsverfassung 1919 nicht die vollständige Trennung von Kirche und Staat. Stattdessen sollten sich die Religionsgemeinschaften selbstständig verwalten.
Epochenjahr 1933: Staat und Kirche im Konflikt
Demokratisch gesinnt war die Evangelische Kirche während der Weimarer Zeit kaum. Sie dachte überwiegend deutsch-national und trauerte dem Kaiser nach. Darum war sie durchaus anfällig für den nationalsozialistischen Staat nach 1933.
Allerdings reagierten viele dann doch entschlossen, als die rassistische Ideologie der Nazis in die Kirche selbst eindrang. Es entwickelte sich der Kirchenkampf, als die Gruppe der Deutschen Christen (DC) alles Jüdische aus dem Christentum entfernen und zugleich die Kirche nach dem Führerprinzip umformen wollte.
Am 16. März 1934 kam es in Dortmund in der Reinoldikirche zur Konfrontation. Die westfälische Provinzialsynode stritt über den Versuch der Deutschen Christen, die Kirche umzubauen. Als die DC sich nicht durchsetzen konnten, holten sie die Gestapo. Die löste die Versammlung auf. Daraufhin zogen die Verteidiger des evangeliumsgemäßen Glaubens ins Johanneum um und bildeten eine westfälische Bekenntnissynode. Erstmals in Deutschland wurde dieser Begriff hier in Dortmund verwendet. Die Synode verabschiedete das Dortmunder Bekenntnis, das sich deutlich von den Deutschen Christen abgegrenzte.
Marienkirche und Widerstand
Auch die Marienkirche spielte eine Rolle in der Auseinandersetzung. 1935 wurde hier Fritz Heuner Pfarrer, Superintendent der Dortmunder Bekenntnissynode. 1937 beschloss das Presbyterium der Gemeinde, sich am wöchentlichen Bittgebet für den durch die Nazis inhaftierten Berliner Pfarrer Martin Niemöller zu beteiligen. Er war einer der führenden Köpfe der Bekennenden Kirche.
Die Kirche und die Judenverfolgung
Man muss aber auch festhalten: Zur Judenverfolgung hat auch die Bekennende Kirche weitgehend geschwiegen. Das bleibt ein großes Versagen der Kirche, das auch nach 1945 erst nach und nach aufgearbeitet wurde.