Religionskriege - Ökumene - Dialog der Religionen

Der Augsburger Religionsfrieden von 1555, der von den Reichsstädten konfessionelle Toleranz verlangte, war eine Art Schutzklausel für die Katholiken.  Nach der Durchsetzung der Reformation waren in Dortmund die Klöster die letzten Refugien der Katholiken.

Heute geht es um Ökumene und Annäherung der Konfessionen. Allerdings geht es längst auch um den interreligiösen Dialog mit Muslimen und Juden.

Propsteihof mit Blick auf die Propsteikirche und den ehemaligen Klostergarten. 

Nach der Durchsetzung der Reformation in Dortmund waren die Klöster die letzten größeren Refugien der verbleibenden katholischen Familien, sehr oft reiche Patrizier. Dazu gehörte auch das Dominikanerkloster, aus dem die Propsteikirche St. Johannes Baptist hervorging, heute Mittelpunkt des Katholischen Centrums und letzte katholische Kirche innerhalb des Wallrings. 

Der Augsburger Religionsfrieden von 1555, der von den Reichsstädten konfessionelle Toleranz verlangte, war eine Art Schutzklausel für die Katholiken, er verhinderte, dass sich alle Einwohner der evangelischen Kirche anzuschließen hatten.

Die Katholiken wehrten sich aber auch gegen den Verlust der Pfarrkirchen. Sie reichten Anfang des 17. Jahrhunderts Klage vor dem kaiserlichen Reichshofrat ein und forderten die Rückgabe von Kirchen und Schulen. Sie bekamen sogar Recht. Sowohl Kaiser Rudolf II. 1604 als auch Ferdinand II. 1628 ordneten die Rückgabe von Kirchen, Kapellen und Schulen an. 

Die Stadt wiederum berief sich darauf, dass es schon vor dem Augsburger Religionsfrieden 1555 protestantische Bestrebungen in Dortmund gegeben haben soll und widersetzte sich den kaiserlichen Edikten, die im Zuge des 30-jährigen Krieges auch nicht mehr durchgesetzt werden konnten. Weil schließlich der Westfälische Friede das Jahr 1624 als Normaljahr für den Kirchenzustand festsetzte, blieben die Dortmunder Pfarrkirchen evangelisch. 

Auch das Dominikanerkloster litt unter Reformation und 30jährigem Krieg. 1719 bekam es Pfarrrechte, war dann also die erste katholische Pfarrkirche nach der Reformation. Während viele Klöster in der napoleonischen Zeit aufgehoben wurden, gelang es den Dominikanern, das zu verhindern. Nachdem Dortmund 1815 preußisch geworden war, wurde das Kloster 1816 säkularisiert. Die Klosterkirche wurde allerdings zur Pfarrkirche, 1859 zur Kirche des Propstes.

Die Katholiken aus der Stadt zu verdrängen, ist den Protestanten nicht gelungen. Aber das ist ja auch gut so, denn heute suchen wir die Annäherung der Konfessionen. In Dortmund haben die beiden Kirchen ein entspanntes Verhältnis zueinander.

Auf protestantischer Seite wuchs der ökumenische Gedanke aus den schrecklichen Erfahrungen des Ersten Weltkrieges. Auf katholischer Seite begann ein Wandel infolge des Zweiten Vatikanischen Konzils in den 1960er Jahren.

Leider verebbte dieser Ansatz unter dem Pontifikat von Johannes Paul II. (1978-2005). Als besondere Schwierigkeit wurde auf evangelischer Seite die Erklärung Dominus Iesus aus dem Jahr 2000 gesehen, weil sie der Evangelischen Kirche abspricht, eine Kirche im Vollsinn zu sein. Verfasst wurde sie vom späteren Papst Benedikt XVI. 

Zurzeit herrscht die Hoffnung auf einen baldigen Neuansatz vor. Das geschwisterliche Miteinander der Kirchen in Dortmund zeigte sich beim Reformationsjubiläum 2017 beispielsweise darin, dass ein gemeinsamer Pfarrkonvent von Protestanten und Katholiken durchgeführt wurde.

Allerdings geht es längst um mehr. Denn wir leben schon seit Jahrzehnten auch in Dortmund in einer interreligiösen Situation. Seit Jahrhunderten gibt es eine jüdische Glaubensgemeinschaft. Aber etwa acht Prozent der Bevölkerung sind inzwischen auch muslimischen Glaubens. 

Die Evangelische Kirche engagiert sich darum seit 25 Jahren aktiv im Dialog der Religionen. Wir sind der Überzeugung, dass ein friedliches Miteinander der Religionen sich schon aus dem Friedenszeugnis des Christentums ergibt. Es bedeutet zudem einen wichtigen Beitrag für die Stadtgesellschaft. Dazu befördert eine Reihe von Projekten das christlich-muslimische Verhältnis. Mit der Dortmunder Selbstverpflichtung gibt es inzwischen einen kurzen und prägnanten Grundlagentext, der den Respekt vor der Religion des anderen betont. Seit mehr als zehn Jahren gibt es sogar Gemeinschaftsprojekte zwischen Christen und Muslimen und Juden.

Ein eher heiteres Projekt ist das Fußballturnier der Religionen, das seit 2006 einmal im Jahr stattfindet. Es ist mittlerweile die größte Dialogveranstaltung in der Region. Höhepunkt ist ein Fußballspiel evangelischer Pfarrer gegen muslimische Imame – geleitet von einem jüdischen Schiedsrichter. Dafür gab es vor einigen Jahren sogar den Integrationspreis des DFB.

1555 Augsburger Religionsfrieden sicherte das katholische religiöse Leben in Dortmund. Die Katholiken waren jedoch in ihrem religiösen Leben auf die Klöster beschränkt. Die Rückgabe der Kirchen war umstritten. Sowohl Kaiser Rudolf II 1604 als auch Ferdinand II. 1628 ordneten die Rückgabe von Kirchen, Kapellen und Schulen an. Die Stadt wiederum berief sich darauf, dass es schon vor dem Augsburger Religionsfrieden 1555 protestantische Bestrebungen in Dortmund gegeben habe, und widersetzte sich den kaiserlichen Edikten, die im Zuge des Dreißigjährigen Krieges auch nicht mehr durchgesetzt werden konnten. Das Franziskanerkloster und das Katharinenkloster wurden nach 1803 durch die Franzosen säkularisiert.

Für die deutschen Katholiken war der Kulturkampf ab 1871 mit tief greifende Erlebnisse verbunden: In dem neuen protestantisch-preußisch geprägten Kaiserreich sahen sie sich Schikanen ausgesetzt und sich zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradiert. In dieser Diskriminierungssituation versammelten sich fast alle Katholiken hinter ihrer politischen Vertretung, der Zentrumspartei. Deren Dortmunder Ortsverein „Volksverein für Stadt und Land Dortmund“ bildete sich 1876. Zeitgleich gründeten Lambert und Heinrich Lensing das Zentrumsparteiblatt „Tremonia“. Die Zentrumspartei spielte in den folgenden Jahrzehnten auch eine starke Rolle in der Dortmunder Stadtverordnetenversammlung. Der Kulturkampf beschleunigte die liberal-rechtliche Organisation der Gesellschaft und brachte damit allgemein eine Schwächung der Position der Kirche, u.a. Einführung der Zivilehe, die Staatsschulen und mit dem „Kanzelparagrafen“ ein Verbot der politischen Stellungnahmen für geistliche in der Amtsausführung. Nach dem Höhepunkt 1876-78 endete der Kulturkampf erst 1887. Die Wunden, die er in der katholischen Bevölkerung schlug, waren auch in den folgenden Jahrzehnten spürbar, und erschwerten das ökumenische Zusammenleben in der Stadt. 

Seit Jahrzehnten gibt es in Dortmund Dialog der Religionen. Es begann in den fünfziger Jahren mit dem Gespräch zwischen Christen und Juden zur Versöhnung im Rahmen der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. In den sechziger Jahren kam mit den Gastarbeitern Muslime und ihr Glauben nach Dortmund. Der erste Moscheeverein wurde 1966 gegründet. Kurz danach gab es bereits  Ansätze eines christlich muslimischen Dialogs. 1970 kam sogar zu einem Friedensgebet in der Reinoldikirche mit muslimischer Beteiligung.

Kontinuierliches Miteinander und langlebige Projekte entstanden aber erst den Brandanschlägen von Solingen 1993. Heute gibt es mehrere Dialogprojekte, die langjährig bestehen. 

Seit mehr als zehn Jahren weitet sich der Dialog sogar zum Trialog. Im "Dialogkreis der Abrahamsreligionen" arbeiten die für den Dialogbeauftragten der abrahamithischen Religionen kontinuierlich zusammen. Beteiligt sind der Evangelische Kirchenkreis, die katholische Stadtkirche, die jüdische Kultusgemeinde und der Rat der muslimischen Gemeinden in Dortmund. 

Im Dialog spitzen sich die Fragen des Zusammenlebens in besonderer Weise zu: Können wir den Anderen gelten lassen? Ist es unsere religiöse Pflicht, uns von den anderen abzugrenzen - oder sollen wir auf sie zugehen? Wie kann überhaupt ein gutes Miteinander entstehen? Dazu gehört auch die Frage, wie wir im Dialog unsere Identität bewahren. 

Damit steht die Frage nach dem Respekt vor der Überzeugung des anderen und der Toleranz seiner Religionsausübung im Mittelpunkt. Auch wenn der Staat die freie Ausübung der Religion (im Rahmen der geltenden Gesetze) garantiert, sind die Gläubigen und die Religionsgemeinschaften zu einer eigenen Klärung herausgefordert. 

In Dortmund dient als gemeinsame Basis die sogenannte Dortmunder Selbstverpflichtung.  Sie lautet: "Wir wollen einander mit Respekt begegnen. Wir wollen die gegenseitigen Vorurteile im Gespräch abbauen. Wir wollen einander besser kennen lernen. Wir wollen den Glauben des anderen respektieren. Wir wollen einmal jährlich gemeinsam feiern. Wir bitten gemeinsam um Geduld, wenn wir auf dem Weg zueinander nur langsam vorankommen."

Sie wird bei Veranstaltungen gemeinsam gelesen, so zum Beispiel beim Interreligiösen Friedensgebet, dass zum Auftakt des Toleranzfestes DortBUNT der Stadt Dortmund seit 2016 durchgeführt wird. 

(F. Stiller )

Mehr Infos unter www.dortmund-dialog.de