16.02.2015 // Ausstellung „Funiculus umbilicalis“

Unbekannte Lebensformen

Die Zikaden zirpen nicht. Aber sie scheinen sich als Teil eines Kunstwerkes wohl zu fühlen. Ein Glaskubus gefüllt mit Gras, Zikaden und wuchernden Objekten empfängt die Besucher.

Ausstellung „Funiculus umbilicalis“ in St. Petri

Die Zikaden zirpen nicht. Aber sie scheinen sich als Teil eines Kunstwerkes wohl zu fühlen. Ein Glaskubus gefüllt mit Gras, Zikaden und wuchernden Objekten an einem Seil empfängt die Besucher im Turmraum. Es ist eines der erstaunlichen Werke des Künstler Aljoscha, die bis zum 29. März in Stadtkirche St. Petri zu sehen sind.

Der Glaskubus ist zugleich ein foucaultsches Pendel , mit dessen Hilfe die Erdrotation anschaulich gemacht wird. Aljoscha erschafft Kunstwerke als neue, unbekannte Lebensformen, sie sind Brutstätte und Biotope, die den Kosmos einbeziehen. Lange verweilt der Blick nicht auf dem Pendelkubus.

In der Mitte des Kirchenraums wabert eine rosa Schnur von einer schwarzen Bodenlandschaft hinauf. Unter dem Gewölbe schweben scheinbar schwerelos eigenartige durchscheinende Formen. „Funiculus umbilicalis“ nennt Aljoscha dieses Werk.

Der lateinische Ausdruck für Nabelschnur verweist einerseits auf die alte Sprache der Kirche und der Naturwissenschaft. Andererseits bezieht er sich auf den Altar von St. Petri. Zurzeit sind dort die goldenen Schnitzwerkseiten zu sehen. Die Bildtafeln sind weggeklappt. Auf ihnen sind drei Geburten dargestellt sowie unzählige Pelztiere und Insekten. Mit Grundthema „Leben“ beschäftigt  sich der Künstler und der Glauben.

Die „Nabelschnur“ hat Aljoscha extra für den Kirchenraum angefertigt. Sie ist sein bislang größtes Werk. Das Kunstwerk bezieht sich auf die sakrale Ausstattung und den Raum. Gleichzeitig verändert, stört und verschönt es die Kirche. Was wie eine zufällige Bewegung erscheint, ist sorgfältig geplant.

Aljoschas Kunst spielt mit unseren Deutungsversuchen. Sind das Landschaften, ein Nervengeäst, Ideen von zukünftigen Wesen? Nichts davon trifft zu, denn es ist etwas gänzlich Neues. Der Künstler hat etwas erschaffen, das es so nicht noch gab.

„In der Leere und Weite der Petrikirche kann das Kunstwerk wirken“, freute sich Pfarrerin Almut Begemann bei der Ausstellungseröffnung. Die Petrikirche lädt regelmäßig zeitgenössische Künstler ein. Die Ausstellung „Funiculus umbilicalis“ wurde von Kuratorin Petra Weber-Schwenk initiiert. 

„Kunstwerke als neue unbekannte Lebensform. Für Aljoscha sind seine Wesen „lebendig,“ beschrieb Weber-Schwenk in ihrer Rede die Idee des Künstlers.  Die spannende Frage stellt sich, wie verändert seine Kunst das Umfeld. Wie gehen die Besucher mit etwas fremd-vertrauten um?

„Diese Kunst ist kraftvoll und zerbrechlich“, urteilte eine Besucherin und empfiehlt: „Unbedingt ansehen!“

Funiculus umbilicalis

Kunstausstellung in St. Petri, Dortmund
Dienstag, 10. Februar – Sonntag, 29. März 2015

Öffnungszeiten
Dienstag - Freitag: 11 - 17 Uhr,
Samstag: 10 - 16 Uhr

Führungen durch die Ausstellung mit Petra Weber-Schwenk
Donnerstag, 5. März, 17 Uhr
Sonntag, 29. März, 13.15 Uhr

Foto: Stephan Schütze
Künstler Aljoscha, Kuratorin Petra Weber-Schwenk, Pfarrerin Almut Begemann eröffneten die Ausstellung „Funiculus umbilicalis“.