31.12.2023

„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“
(Korinther 16,14)

Gedanken der Superintendentin Heike Proske zur Jahreslosung 2024

Liebe – erträumt, erhofft, ersehnt.

Und doch wissen wir alle nicht, was „Liebe“ wirklich ist, was dieses romantisierte Wort meint, was es – was sie – im Alltag bedeutet.

Die Liebe – sie begegnet uns im neuen Jahr 2024 als Jahreslosung. Jeden Tag sollen und dürfen wir daran denken, diese Worte in unserem Herzen tragen, die aus dem 1. Korintherbrief stammen: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“

Na klar, ist der erste Gedanke. Wie sollte es denn sonst sein? Harmonisch, leicht, einfach so dahingesagt.

Und schon erwische ich mich bei der Überlegung: Ist das so? Geschieht wirklich alles „in Liebe“? Ist der Krieg in der Ukraine oder im Nahen Osten ein Zeichen der Liebe? Oder ist es Liebe, wenn ich der Bettlerin auf der Straße einen Euro gebe? So platt kann der Apostel Paulus das doch nicht gemeint haben!

Paulus schreibt diese Worte an die Gemeinde in Korinth, die er aus Überzeugung und mit viel Sympathie im Herzen gegründet hatte. Ja, liebevoll hatte er die Menschen bei ihren ersten Schritten im Glauben an Jesus Christus begleitet. Doch nur wenig später hört er davon, dass es viele Unklarheiten in der jungen Glaubensgemeinschaft in Korinth gibt. Missverständnisse, unterschiedliche Meinungen in der multi-kulturellen Gesellschaft der Hafenstadt, die nicht miteinander in Einklang zu bringen sind. Alle leben so, wie sie meinen und bemühen sich nicht um gegenseitiges Verständnis. Da schreibt Paulus ein Machtwort: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“

Paulus agiert diplomatisch: Er kritisiert nicht das eine als falsch oder stellt Regeln auf, an die sich ohnehin nicht alle halten können. Paulus appelliert – ganz im Sinn von Jesu Handeln in seiner Umgebung und Gottes Handeln im Volk Israel – an ein gemeinsames Grundverständnis. Was auch immer ihr denkt und plant und wollt, legt es zuerst unter den Filter der Liebe. Warum soll das so und nicht anders sein? Warum ist mir dieser Punkt so wichtig, dass ich nichts anderes danebenstehen lassen kann?

Paulus gibt an dieser Stelle seines Briefes keine Definition für „Liebe“ mit auf den Weg. Das hat er bereits mitten in dem Brief getan. Die Liebe glaubt alles, hofft alles. Die Liebe hört niemals auf.

Liebe ist nicht nur, aber auch: Das Verliebte rosa-rot, der verklärte Blick auf eine andere Person, unter dem wir uns keinen Streit vorstellen können, der doch unweigerlich irgendwann kommen wird. Liebe meint: Ich sehe alles unter einem anderen Aspekt, dem der Liebe. Es ist eine Haltung, eine Einstellungsfrage, um die es geht. Damit wird nicht alles gut. Nichts ist einfacher als zuvor. Aber die Blickrichtung ist anders. Das Glas ist weder halbleer noch halbvoll, es ist liebevoll eingegossen.

„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe!“ Machen wir im Jahr 2024 Erfahrungen damit, was das bei uns auslöst. Womit wir uns wohl fühlen. Was uns schwer fällt. Wie andere Menschen auf unseren Blick unter dem Filter der Liebe im Alltag reagieren. Vielleicht … blicken sie liebevoll in unsere Augen!

Heike Proske

Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund